Lagebericht
1. Halbjahr 2019

Sehr geehrte Aktionärinnen,
sehr geehrte Aktionäre

Der Solarsektor war im ersten Halbjahr 2019 durch eine schwache Nachfrage im grössten Endkundenmarkt China gekennzeichnet. Weltweite Produktions­über­kapazi­täten bei multikristallinen Wafern, Zellen und Modulen standen Lieferengpässe bei Monoprodukten mit hohen Wirkungsgraden gegenüber. Aufgrund stark sinkender Preise für PERC-Equipment legten Investitionen im Standard-PV-Geschäft zwar zu, doch wurden grössere Investitionsentscheide von Zell-/Modulherstellern in neue Technologien oftmals aufgeschoben.

Vor dem Hintergrund dieses Markteinbruchs haben wir uns auf die Umsetzung unserer strategischen Prioritäten konzentriert: die Weiter­entwicklung unserer führenden Heterojunction- (HJT) und SmartWire-Zellverbindungs­technologien (SWCT™) sowie Partnerschaften und Investitionen zur Kommerzialisierung von Zell-/Modultechnologien der nächsten Generation.

Das Marktinteresse an HJT-Technologie ist gross, unsere Projektpipeline vielversprechend. Mit dem Auftrag von REC über CHF 74 Millionen für unsere Heterojunction- und SmartWire-Zellverbindungstechnologien ist uns Ende 2018 ein Durchbruch gelungen. Als wichtiger Meilenstein hat REC auf der Intersolar-Europe-Messe im Mai 2019 ein erstes HJT-Modul (basierend auf 120 Halbzellen) mit einer marktführenden Leistung von bis zu 380 Wp vorgestellt. Das mit unserer Technologie produzierte Modul kann zu sehr wettbewerbsfähigen Kosten hergestellt werden. Die erste Fertigungslinie wird in Kürze die Serienproduktion aufnehmen; bereits heute erfahren die neuen Module eine starke Nachfrage im High-End-Segment. Wir gehen davon aus, dass sich das Marktinteresse in konkreten Aufträgen niederschlagen wird, sobald REC die erfolgreiche Massenproduktion der neuen Solarmodule demonstriert hat.

Im März haben wir eine strategische Partnerschaft mit Oxford PV aus Grossbritannien abgeschlossen, dem Technologieführer von hocheffizienten kristallinen Silizium/Perowskit-Tandemsolarzellen. Perowskit/Silizium-basierte Tandemsolarzellen sind eine neue Generation von Solarzellen, die einen deutlichen Sprung im Wirkungsgrad versprechen und die Solarstromkosten spürbar sinken lassen werden. Oxford PV hält den Wirkungsgradweltrekord von 28% für Perowskit-Tandemsolarzellen (kommerzielle gute PERC-Zellen liegen bei 22%, unsere HJT-Zellen bei 24%). Unser Investment sichert den Zugang zu dieser neuen Technologie. In enger Zusammenarbeit mit Oxford PV treiben wir die Industrialisierung der Perowskit-Solarzellen voran, indem unsere führende Heterojunction-Zell- und SmartWire-Verbindungstechnologie mit der Perowskit-Solarzelltechnologie von Oxford PV kombiniert wird. Im Rahmen der Kooperation verkauft Meyer Burger an Oxford PV HJT-Produktionslinien inklusive des Upgrades für die Perowskit-Tandemzellenproduktion für die Pilotproduktion an ihrem deutschen Standort in Brandenburg an der Havel.

PERC hat Al-BSF-Solarzellen als neue Standardtechnologie abgelöst. Das PERC-Marktsegment wird immer stärker von chinesischen Herstellern dominiert, die sich einen harten Verdrängungswettbewerb liefern, der zu deutlich niedrigeren Anlagenpreisen geführt hat. Während die meisten Hersteller auf möglichst tiefe Anlagenpreise setzen, entwickelt Meyer Burger Anlagen, welche gemäss Kundenbewertungen die günstigsten Gesamtherstellungskosten (Total Cost of Ownership) aufweisen, aber höhere Anfangsinvestitionen bedingen. In der Folge sind unsere Margen unter Druck geraten und unser Marktanteil im Standardsegment ist zurückgegangen. Die TOPCon-Zelltechnologie kann durch Upgrades einer PERC-Linie implementiert werden und erreicht so höhere Wirkungsgrade (+1 bis +1.5 Prozentpunkte). Mit unserer neuen Produktionslösung CAiA für TOPCon haben wir Solarzellen produziert, mit denen ein vom TÜV zertifiziertes 347-W-Solarmodul (basierend auf 120 Halbzellen) hergestellt wurde (vergleichbare kommerzielle PERC-Module kommen auf 330 W). Der Markt für Upgrades bestehender PERC-Linien auf TOPCon hat noch nicht angezogen. Die unattraktiven Margen im Standard-PV-Geschäft haben uns veranlasst, die ursprünglich geplante Verlagerung von Teilen unserer Produktion nach China zu revidieren und unseren Sales-Fokus entsprechend anzupassen. Wir beabsichtigen, die künftigen PV-Geschäftsaktivitäten hauptsächlich an unserem grössten Standort, in Hohenstein-Ernstthal (Deutschland), zu konzentrieren.

Im Zuge unserer Fokussierung und Restrukturierung wurde Ende April 2019 der Verkauf des Wafering-Geschäfts an die Precision Surfacing Solutions (PSS) erfolgreich abgeschlossen. Damit wurden der Produktionsstandort und über 70 Arbeitsplätze in Thun gesichert. Mit dem Verkauf unterstreichen wir unsere strategische Ausrichtung auf PV-Zellbeschichtungs- und Verbindungstechnologien für Solarmodule.

Auftragseingang und Nettoumsatz

Insgesamt blieb die Geschäftstätigkeit unter unseren Erwartungen. In einem schwierigen Marktumfeld, das vom Handelsdisput zwischen den USA und China sowie der unklaren Solar-Förderpolitik der chinesischen Regierung dominiert wurde, erzielte Meyer Burger einen Auftragseingang von CHF 94.0 Millionen (H1 2018 CHF 137.9 Millionen). Bereinigt um den Verkauf des Wafering-Geschäfts blieb der Bestellungseingang stabil (– 0.6%). Der Auftragsbestand belief sich per 30. Juni 2019 auf CHF 166 Millionen (31.12.2018 CHF 241 Millionen). Die Book-to-Bill Ratio (Verhältnis Auftragseingang zu Nettoumsatz) lag im ersten Halbjahr 2019 bei 0.77 (H1 2018 Verhältnis von 0.59).

Der Nettoumsatz sank im Vergleich zur Vorjahresperiode auf CHF 122.6 Millionen (H1 2018 CHF 232.3 Millionen, bereinigt um Verkauf Wafering-Geschäft CHF 193.4 Millionen). Negative Währungseinflüsse machten rund CHF – 3.5 Millionen beziehungsweise – 2.8% aus. Bereinigt um Währungseffekte und den Verkauf des Wafering-Geschäfts lag der organische Umsatzrückgang der weitergeführten Geschäfte bei 36.8%. Der Umsatzmix nach Regionen hat sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verändert, wobei Asien nach wie vor die wichtigste Absatzregion für Meyer Burger bleibt: Asien verzeichnete 73% (H1 2018 68%), Europa 21% (H1 2018 28%) und Americas rund 6% (H1 2018 3%) des Nettoumsatzes im ersten Halbjahr 2019.

Die Betriebsleistung nach Materialaufwand und Vorleistungen belief sich auf CHF 63.1 Millionen (H1 2018 CHF 120.1 Millionen), mit einer Marge von 51.5% im ersten Halbjahr 2019 (H1 2018 51.7%).

EBITDA und EBIT

Die Personalkosten sanken um CHF 6.9 Millionen bzw. 10.7% gegenüber der Vorjahresperiode auf CHF 57.4 Millionen (H1 2018 CHF 64.2 Millionen). Einerseits gelang es, die Organisation nochmals flexibler zu gestalten, andererseits sanken die Personalkosten aufgrund des Verkaufs des Wafering-Geschäfts per Ende April 2019. Der sonstige Betriebsaufwand lag bei CHF 18.9 Millionen (– 28.9% im Vergleich zu H1 2018).

Aufgrund des Umsatzrückgangs lag das EBITDA unter dem Vergleichswert der Vorjahresperiode. Der Wert erreichte im ersten Halbjahr 2019 CHF – 13.2 Millionen (H1 2018 CHF +29.2 Millionen).

Die Abschreibungen beliefen sich auf CHF 8.0 Millionen (H1 2018 CHF 14.4 Millionen). Der Rückgang ist darauf zurückzuführen, dass wesentliche Technologie im Vorjahr final amortisiert wurde. Das Ergebnis auf Stufe EBIT lag bei CHF – 21.1 Millionen (H1 2018 CHF +14.9 Millionen).

Konzernergebnis

Das Finanzergebnis netto betrug im ersten Halbjahr 2019 CHF – 3.9 Millionen (H1 2018 CHF – 4.0 Millionen). Das anteilige Ergebnis von assoziierten Unternehmen belief sich durch die akquirierte Beteiligung an Oxford PV im ersten Halbjahr auf CHF – 0.7 Millionen.

Das ausserordentliche Ergebnis im ersten Halbjahr 2019 belief sich auf CHF +27.7 Millionen (H1 2018 CHF +0.8 Millionen). Die Zunahme ist hauptsächlich bedingt durch den Verkauf des Wafering-Geschäfts an Precision Surfacing Solutions (PSS).

Für das erste Halbjahr 2019 fiel ein Steueraufwand von CHF 0.3 Millionen an (H1 2018 Steueraufwand von CHF 3.4 Millionen).

Meyer Burger hat im ersten Halbjahr 2019 ein Konzernergebnis von CHF +1.8 Millionen erwirtschaftet (H1 2018 CHF +8.3 Millionen).

Bilanz per 30. Juni 2019

Die Bilanzsumme lag bei CHF 350.3 Millionen (31.12.2018 CHF 349.2 Millionen). Die flüssigen Mittel beliefen sich auf CHF 31.7 Millionen, Warenvorräte auf CHF 66.2 Mil­lionen, Sachanlagen auf CHF 76.4 Millionen, immaterielle Anlagen auf CHF 8.9 Mil­lionen und latente Ertragssteuerguthaben auf CHF 20.7 Millionen. Das Fremdkapital von insgesamt CHF 130.3 Millionen umfasst insbesondere Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen von CHF 27.3 Millionen, Kundenanzahlungen von CHF 14.7 Millionen, Rückstellungen von CHF 7.1 Millionen und Finanz­verbindlich­keiten von CHF 39.4 Millionen. Das Eigenkapital betrug CHF 220.0 Millionen (31.12.2018 CHF 181.7 Millionen). Die Eigenkapitalquote per 30. Juni 2019 lag bei 62.8% (31.12.2018 52.0%).

Cashflow

Im ersten Halbjahr 2019 entstand ein negativer operativer Cashflow von CHF – 57.6 Millionen (H1 2018 CHF  – 16.4 Millionen). Der Hauptgrund für den negativen operativen Cashflow ist auf den Anstieg des Nettoumlaufvermögens zurückzuführen. Infolge des Verkaufs des Wafering-Geschäfts bei gleichzeitiger Hinterlegung einer Barsicherheit, stieg der Cashflow aus Investitionstätigkeit auf CHF +17.7 Millionen (H1 2018 CHF – 1.9 Millionen). Damit erreichte der Free Cashflow CHF – 39.9 Mil­lionen (H1 2018 CHF – 18.3 Millionen). Der Cashflow aus Finanzierungstätigkeit lag bei CHF – 18.1 Millionen (H1 2018 CHF – 4.2 Millionen) und umfasste die Rückzahlung von Finanzverbindlichkeiten.

Veränderungen im Verwaltungsrat und in der Geschäftsleitung

Die bei der Veröffentlichung des Transformationsprogramms angekündigten Änderungen auf Stufe Geschäftsleitung und Verwaltungs­rat sind im ersten Halbjahr 2019 abgeschlossen worden. An der Generalversammlung am 2. Mai 2019 wurden Dr. Remo Lütolf als Präsident und Andreas R. Herzog als Mitglied des Verwal­tungsrats gewählt. Gleichzeitig wurde das Gremium auf vier Personen verkleinert. Verkleinert wurde auch die Geschäftsleitung – von fünf auf drei Mitglieder (Dr. Hans Brändle, CEO; Manfred Häner, CFO; Dr. Gunter Erfurt, CTO).

Ausblick 2019

Vor dem Hintergrund der aktuellen Klimadiskussionen haben sich die mittel- und langfristigen Wachstumsaussichten für die Solarindustrie weiter verbessert. Solarstrom ist bereits heute die kostengünstigste Technologie in vielen Regionen, bietet eine einzigartige Anwendungsvielfalt und das stärkste Kostensenkungs­potenzial unter den relevanten Stromproduktionstechnologien. Nach einer Wachstumspause in den letzten zwölf Monaten wegen der Umstrukturierung der chinesischen Solarmarktförderung ist nun wieder mit einem deutlichen globalen Ausbau der installierten Solarstromleistung im zweistelligen Prozentbereich zu rechnen. Dabei gehen wir davon aus, dass künftig mehr als die Hälfte der Solarstromkapazitäten ausserhalb Chinas installiert werden. Das prognostizierte starke Wachstum in neuen und etablierten westlichen Märkten in den nächsten Jahren wird zudem zu neuen lokalen Produktionskapazitäten für PV Technologie führen.

Als High-Tech-Unternehmen werden wir weiterhin substanziell in Forschung und Entwicklung investieren, um im Premium-Segment Marktführer zu bleiben. Mit unserem Fokus auf die Entwicklung von industriellen, hocheffizienten HJT-Produktionslösungen haben wir Zellen mit einem Rekordwirkungsgrad von über 24.7% auf kommerziellen HJT-Anlagen erreicht. An einer Roadmap für HJT-Zellen mit noch höheren Wirkungsgraden wird bereits gearbeitet. Die Zusammenarbeit mit REC hat zu einem Quantensprung bei der Produktion von HJT/Smart Wire Solarmodulen geführt. Die strategische Partnerschaft mit Oxford PV ermöglicht die Weiterentwicklung und Sicherung unserer Technologieführerschaft über HJT hinaus.

Meyer Burger ist technologisch gut aufgestellt. Die Geschäftsentwicklung im ersten Semester 2019 unterstreicht aber die Notwendigkeit, unser Geschäftsmodell und unsere Strategie zu hinterfragen. Wir werden alle strategischen Optionen prüfen, um nachhaltigen Mehrwert zu schaffen. Über die Ergebnisse der Strategieüberprüfung werden wir zu gegebener Zeit informieren. Gleichzeitig treiben wir die Fokussierung unserer Aktivitäten und die Vereinfachung der weltweiten Organisation voran.

Wir danken Ihnen für Ihr anhaltendes Vertrauen in Meyer Burger.

Freundliche Grüsse

Dr. Remo Lütolf

Dr. Remo Lütolf
Verwaltungsratspräsident

Dr. Hans Brändle

Dr. Hans Brändle
Chief Executive Officer