Es ist genau drei Jahre her, dass wir bei Meyer Burger zum ersten Mal von einer Neuausrichtung des Geschäftsmodells gesprochen haben. Die Heterojunction-/SmartWire-Technologie, die unsere Ingenieure zwölf Jahre lang bis zur Industriereife entwickelt hatten, wollten wir nur noch exklusiv nutzen und selbst zum Hersteller von Solarzellen und Solarmodulen werden.
Heute freuen wir uns sehr, dass wir Ihnen, unseren geschätzten Aktionärinnen und Aktionären, danken können. Dafür, dass Sie uns auf dieser spannenden Reise so treu unterstützen und uns in der entscheidenden Phase Ihr Vertrauen geschenkt haben. Dafür, dass Sie an die Zukunft von Meyer Burger glauben und mit uns gemeinsam die Energiewende vorantreiben. Mit Stolz dürfen wir feststellen, dass die neue Meyer Burger Technology AG ihre Position auf dem Markt gefunden hat. Unsere Premium-Solarmodule sind bei unseren Kundinnen und Kunden stark gefragt und können zu Premiumpreisen verkauft werden. Auf dieses Fundament baut unser weiteres Wachstum auf.
Mit einer Produktionsmenge von 321,1 Megawatt (MW) haben wir unser Ziel für das Jahr 2022 in Zeiten grosser Herausforderungen erreicht. Die globalen Lieferketten waren auch im vergangenen Jahr durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine gestört. Dennoch haben wir die Produktion von Solarmodulen gegenüber dem Vorjahr mehr als verzehnfacht. Es wächst die Gewissheit, dass die Produktionslinien an unseren deutschen Standorten in der Lage sein werden, im Vollbetrieb die definierten Nominalkapazitäten zu erreichen. 830’000 Solarmodule verliessen 2022 die Fabrik in Freiberg, in Bitterfeld-Wolfen werden täglich rund 700’000 Solarzellen hergestellt – nach Abschluss des Hochlaufs sollen es weit über eine Million sein.
Der Hochlauf der zweiten Produktionslinie hat im September 2022 begonnen; derzeit werden noch einzelne Prozessschritte finalisiert. Dabei schaffte es unser erfahrenes Team, die Prozesse zu optimieren und die Hochlaufgeschwindigkeit im Vergleich zur ersten Linie deutlich zu verkürzen. Allerdings sind wir weiterhin auf externe Zulieferer angewiesen. Für die ganze Industrie bleibt die Situation angespannt, insbesondere bei Lieferzeiten für elektronische Komponenten, die mehrere Monate statt wenige Wochen betragen. Das Management kümmert sich intensiv darum, solche Risiken auch in Zukunft möglichst zu minimieren.
Deshalb und um der stetig steigenden Forderung nach schnellerem Wachstum unserer Fertigungskapazitäten gerecht zu werden, haben wir die Einführung einer einheitlichen Produktplattform für unsere Solarmodule beschlossen. So können wir Fertigungskapazitäten zukünftig schneller und risikoärmer aufbauen. Die geplanten Produkte kombinieren das Beste aus Glas-Glas- und Glas-Folie-Modulen, nämlich Langlebigkeit, Bifazialität, geringes Gewicht, nachhaltig hohe Leistung und ansprechende Ästhetik in den Varianten Black, White und Glass. Damit legen wir die Basis dafür, langfristig Premiumpreise für unsere Hochleistungs-Module erzielen zu können.
«Um der stetig steigenden Forderung nach schnellerem Wachstum unserer Fertigungskapazitäten gerecht zu werden, haben wir die Einführung einer einheitlichen Produktplattform für unsere Solarmodule beschlossen. So können wir Fertigungskapazitäten zukünftig schneller und risikoärmer aufbauen.»
Die neue Plattform ermöglicht die Skalierbarkeit neuer Fertigungskapazitäten und beschleunigt die Massenproduktion: Beispielsweise entfallen Stillstandzeiten durch Produktwechsel und aufwändige Beschaffungs- und Logistikprozesse aufgrund der Produktvielfalt. So erschliessen wir weitere Potenziale bei der Senkung der Herstellungskosten. Die Kombination von Lieferkettenproblemen und der Vorbereitung der Produktionslinien für die neue Plattform resultiert in einer geringeren Produktionsmenge als bisher angekündigt. Wie wir am 2. März 2023 bereits informiert haben, wollen wir im Jahr 2023 nunmehr Solarmodule mit einer Gesamtleistung von etwa 800 Megawatt herstellen.
Wir haben den Vorteil, am Standort Hohenstein-Ernstthal über eine ins Unternehmen integrierte Maschinenfertigung zu verfügen. Das ermöglicht es uns, neue Linien rasch zu optimieren. Seit 2022 werden auch an unserem Hauptsitz in Thun wieder Maschinen gefertigt, die in unserer Modulproduktion eingesetzt werden.
Für den weiteren Ausbau in Phase 2 stimmte die ausserordentliche Generalverammlung am 28. Oktober 2022 einer Kapitalerhöhung zu. Der Bruttoerlös von CHF 250 Millionen ermöglicht der Firma den beschleunigten Ausbau auf rund 3 Gigawatt Produktionskapazität pro Jahr bis 2024. Der Ausbau der Solarzellenproduktion soll am Standort Bitterfeld-Wolfen in Deutschland und der Ausbau der Solarmodulproduktion in Goodyear, USA, erfolgen. Mit dem US-amerikanischen Entwickler von erneuerbaren Energieprojekten D. E. Shaw Renewable Investments (DESRI) konnten wir einen langfristigen Liefervertrag unterzeichnen. Demnach werden wir ab 2024 über einen Zeitraum von rund fünf Jahren Solarmodule mit einer Leistung von 3,75 bis 5 GW (Gigawatt) für Solarkraftwerke liefern. Damit sollte es uns gelingen, bis 2024 neben dem Aufdach-Segment das Kraftwerk-Segment als zweites Standbein zu etablieren.
Ein ganz neues Thema beschäftigt uns seit dem vorigen Jahr. Seit der Fachmesse Intersolar in München Mitte Mai ist der Solardachziegel eines der wichtigsten Gesprächsthemen bei Meyer Burger. Unter dem Namen „Meyer Burger Tile“ haben wir das Produkt, für das wir von einem deutschen Ingenieurbüro die Rechte erworben hatten, weiterentwickelt. Unsere Produktmanager in Thun haben den Solardachziegel genau unter die Lupe genommen und in vielen Punkten so lange verbessert, bis das optimale Produkt entstanden ist. Unsere Entwicklung wurde von der renommierten Fachzeitschrift pv magazine als highlight topinnovation 2022 ausgezeichnet. Ende 2022 konnte die erste Pilotanlage mit Meyer Burger Tiles ans Netz gehen. Weitere Pilotanlagen werden derzeit in der Schweiz und in Deutschland installiert, ein erster Vertriebspartner aus dem Dachdecker-Grosshandel hat das Produkt in sein Sortiment aufgenommen. Ab Sommer 2023 werden die Meyer Burger Tiles von einem Unternehmen in Europa in unserem Auftrag industriell gefertigt und in grösseren Stückzahlen zur Verfügung stehen. Das Interesse ist gewaltig. Im Herbst dieses Jahres ist die offizielle Markteinführung des neuen Produkts geplant.
Für die Entwicklung der nächsten Generation von Hochleistungs-Solarzellen und -modulen haben wir Ende 2022 renommierte Partner ins Boot geholt und mehrjährige Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen. Gemeinsam mit dem CSEM aus der Schweiz, dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg und dem Institut für Photovoltaik der Universität Stuttgart arbeiten wir an der Industrialisierung der Perowskit-Tandemtechnologie. Die Entwicklung der neuen Produktionstechnologien sollen im geschützten Geschäftsmodell von Meyer Burger ausschliesslich für die eigene Fertigung eingesetzt werden. In den nächsten Jahren soll die Perowskit-Tandemtechnologie in der industriellen Fertigung von Solarzellen Wirkungsgrade von über 30 Prozent ermöglichen.
Bis es so weit ist, fokussieren sich unsere F&E-Teams in der Schweiz und in Deutschland bereits auf die Industrialisierung der sogenannten IBC-Module. Diese basieren ebenfalls auf der Heterojunction-Technologie – IBC steht für Interdigitated Back Contact. Die Verdrahtung ist bei diesen Modulen auf der Rückseite der Zelle angebracht, was eine bessere Ausnutzung des Sonnenlichts ermöglicht. In Kombination mit unserer SmartWire-Technologie ergeben sich wesentliche Vorteile in puncto Effizienz und Energieertrag. In umfangreichen Tests am CSEM konnten wir die Degradation der zukünftigen Solarmodule analysieren und sind begeistert davon, dass diese in den bisherigen Versuchen kaum mehr messbar ist. Mit einer kürzlich errichteten Pilotanlage am Standort Neuenburg tritt die Industrialisierung in die nächste Phase.
Mit dem Fortschreiten der Umsetzung des neuen Geschäftsmodells zeigen sich erfreuliche Entwicklungen in der Jahresrechnung. Der Umsatz konnte im Jahr 2022 auf CHF 147.2 Millionen gesteigert werden, was gegenüber dem Vorjahr einem Plus von 269 % entspricht. Hiermit hat Meyer Burger den Markteintritt erfolgreich gemeistert und den Grundstein für das zukünftige Wachstum gelegt.
Der Hochlauf der Produktion war zum Jahresende noch in vollem Gange, was sich in den hohen operativen Kosten im Verhältnis zum Umsatz widerspiegelt. Gesamthaft führten diese zu einem EBITDA 2022 von CHF –34.6 Millionen und einem Jahresergebnis von CHF –69.9 Millionen.
In der Bilanz zeigen sich die Investitionen in die beiden neuen Produktionsstandorte und der voranschreitende Lageraufbau, der für eine effiziente Auftragsabwicklung benötigt wird, mittlerweile sehr deutlich. Die Bilanzsumme stieg gegenüber dem Vorjahr entsprechend markant um 46 % auf CHF 720.4 Millionen per 31. Dezember 2022.
Auf der Passivseite der Bilanz führt die erfolgreiche Kapitalerhöhung um CHF 250 Millionen vom November 2022 zu einem deutlich gesteigerten Eigenkapital. Die Eigenkapitalquote beträgt nun 59.5 %. Meyer Burger ist mit dieser weiteren Kapitalmassnahme in der Lage, die nächsten wichtigen Investitionen in das Wachstum und die Produktentwicklung zu tätigen.
«Für die Entwicklung der nächsten Generation von Hochleistungs-Solarzellen und -modulen haben wir renommierte Partner ins Boot geholt und mehrjährige Kooperations-Vereinbarungen abgeschlossen.»
Die ordentliche Generalversammlung vom 5. Mai 2022 wählte Katrin Wehr-Seiter als unabhängiges Mitglied in den Verwaltungsrat. Sie ist als Managing Director/Partner bei BIP Capital Partners, Luxemburg, aktiv. Zuvor wirkte sie als Principal bei der internationalen Private-Equity-Gesellschaft Permira. Katrin Wehr-Seiter hat nach ihrem technischen Studium ihre berufliche Laufbahn bei der Siemens AG gestartet und war hier unter anderem im Bereich Energieerzeugung in Deutschland und den USA tätig. Neben ihrem technischen Background verfügt sie über grosse Erfahrung in den Bereichen M&A, Asset Management und Investitionsprojekte sowie Unternehmensentwicklung. Seit dem 1. September 2022 ist Markus Nikles neuer Chief Financial Officer (CFO) und Mitglied der Geschäftsleitung. Markus Nikles war mehr als 20 Jahre in führenden Positionen im Finanzbereich bei einem weltweit operierenden Schweizer Konzern tätig. Er ist bestens vertraut mit der finanziellen Führung von internationalen Industriegesellschaften, mit Konzern- und Projekt-Controlling, Liquiditätsplanung und sowie dem Working Capital Management.
Die Photovoltaik spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der globalen Energiewende. Es braucht riesige Investitionen, um die Wirtschaft im gesetzten Zeitrahmen klimaneutral zu gestalten und um die notwendige regionale Versorgungssicherheit zu erreichen.
Die USA reagierten schnell. Das 2022 in Kraft gesetzte US-Klima-Gesetz Inflation Reduction Act (IRA) wird Subventionen im Wert von rund USD 370 Milliarden für saubere Energie bereitstellen, was es für europäische Clean-Tech-Unternehmen attraktiv macht, über den Atlantik zu gehen.
Dieses Signal ist inzwischen in der EU gehört worden: Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, hat Anfang Februar 2023 den Green Deal Industrial Plan angekündigt, mit dem die EU und die EU-Mitgliedstaaten hunderte von Milliarden Euro für den Aufbau von Schlüsselindustrien für den Klimaschutz fördern wollen – auch die Solarindustrie findet sich unter den sechs betroffenen Sektoren. Zu den Instrumenten zählt ein insgesamt gelockerter Beihilferahmen, der den EU-Mitgliedstaaten eine grössere Freiheit zur Förderung von relevanten Unternehmen geben soll. Hierbei werden im Wesentlichen bereits vorhandene Mittel aus früheren Programmen umgewidmet. Die EU-Kommissionspräsidentin bezeichnet das als „Brücke“ und kündigte an, mittelfristig weitere Mittel für einen EU-Souveränität-Fonds bereitzustellen. Im März 2023 finden die Verhandlungen über Umfang und Ausgestaltung des Green Deal Industrial Plans statt, dann wird sich sagen lassen, ob dieser tatsächlich eine Antwort auf Augenhöhe mit dem IRA sein wird, welche die Solarindustrie beleben und wieder auf eine kritische Grösse in Europa führen kann. Sollten die Rahmenbedingungen entsprechend gesetzt werden, ergibt sich für Meyer Burger weiteres Wachstumspotenzial.
So oder so ist Meyer Burger zuversichtlich. Denn auch auf individueller Ebene, bei Eigenheimbesitzerinnen und -besitzern sowie beim Gewerbe, steigt die Nachfrage nach Solaranlagen fürs Dach beständig, machen diese doch weitgehend unabhängig vom teuren Strom aus der Leitung.
Das politische und gesellschaftliche Umfeld hat den Neustart von Meyer Burger vor drei Jahren stark begünstigt. Doch die beeindruckende Entwicklung des Unternehmens war nur möglich, weil alle Beteiligten ihr Bestes gegeben haben und sich weder von Corona noch von verspäteten Komponenten-Lieferungen oder sonstigen Schwierigkeiten entmutigen liessen. Meyer Burger zählt heute rund 1.100 Mitarbeitende und es werden täglich mehr. Das freut uns und stimmt uns zuversichtlich, dass wir weiterhin mit hohem Tempo werden wachsen können. Mit jedem Ziel, das wir erreichen, wachsen auch die Erwartungen. Wir tun alles, um diese zu erfüllen.
Franz Richter
Verwaltungsratspräsident
Gunter Erfurt
Chief Executive Officer
Die erste Pilotanlage mit Meyer Burger Tiles wurde Ende 2022 in der Schweiz installiert. Die Solardachziegel sollen im zweiten Halbjahr 2023 auf den Markt kommen.
Neben der bereits bestehenden Solarzellen-Fertigung hat sich Meyer Burger ein weiteres Gebäude gesichert, um hier am Standort Thalheim auf 3 Gigawatt zu wachsen. Die Vorbereitungsarbeiten für die Installation von Produktionsmaschinen im Inneren des Gebäudes laufen bereits.
Der Aufbau der zweiten Linie in Freiberg ist fast vollständig geschafft. Hier laufen nun jeden Tag tausende Solarmodule vom Band, die auf Solar-Baustellen in der ganzen Welt geliefert werden.
Seit 2022 werden in Thun wieder Maschinen gebaut, die an die Standorte Freiberg oder Goodyear geliefert werden. Auf ihnen werden Solarmodule mit der Smartwire-Verbindungstechnologie hergestellt.