Brief an die Aktionäre

Franz Richter
Chairman, Meyer Burger Technology AG
Gunter Erfurt
Chief Executive Officer, Meyer Burger Technology AG

Sehr geehrte Aktionärinnen,
sehr geehrte Aktionäre

­­­­Das Geschäftsjahr 2023 war für Meyer Burger Technology sehr herausfordernd. Im ersten Halbjahr bestätigte Meyer Burger seine Position als führender Premium-Solarhersteller, die Produktionskapazitäten in Deutschland wurden wie geplant ausgebaut. Im Jahresverlauf wurde aber deutlich, dass es in Europa durch die Dumpingpreise chinesischer Anbieter bei parallel verlaufendem starkem Anstieg der chinesischen Produktionsüberkapazitäten sowie fehlendem Marktschutz zu beispiellosen Verzerrungen im europäischen Solarmarkt kam, mit gravierenden Auswirkungen auf das Ergebnis von Meyer Burger.

Während im ersten Halbjahr noch ein gutes Wachstum mit einem Umsatz von CHF 96.9 Millionen resultierte, brachen die Verkäufe im zweiten Halbjahr auf CHF 38.1 Millionen ein. Insgesamt betrug der Umsatz im Geschäftsjahr 2023 damit CHF 135.0 Millionen. Die Menge der produ­zierten Solarmodule stieg trotz rückläufigen Verkäufen auf 650 Megawatt an, der Modul-Lager­bestand erhöhte sich deutlich auf rund 365 Megawatt. Das Betriebsergebnis wurde durch die Unterauslastung der Produktionskapazitäten in Deutschland und die Wertminderungen auf Produktionsmaterial und Endprodukte sowie durch Kosten für den Betrieb der Produktions­anlagen in Deutschland und den weiteren Ausbau in den USA im Jahr 2023 belastet. Die produzierten, aber vor allem im zweiten Halbjahr 2023 unverkäuflichen Solarmodule- und zellen erhöhten den Lagerbestand auf CHF 130.8 Millionen. Diese Vorräte mussten aufgrund von buchhalterischen Auflagen wertberichtigt werden, was zu Wertberichtigungen in Höhe von CHF 51.7 Millionen führte. In der Summe führte dies zu einem negativen EBITDA in Höhe von CHF 163.6  Millionen. Ohne diese Wertberichtigungen hätte der negative EBITDA CHF 111.9 Millionen betragen. Das EBIT belief sich auf CHF –250.2 Millionen und wurde durch ausserplanmässige Abschreibungen auf das Sachanlagevermögen und immaterielle Vermögenswerte in Höhe von CHF 56.8 Millionen infolge eines Impairmenttests durch einen weiteren Sondereffekt negativ belastet. In Kombination mit einem negativeren Finanzergebnis (CHF 42.6 Millionen) resultierte in der Berichtsperiode deshalb ein Verlust von CHF 291.9 Millionen (CHF 183.4 Millionen ohne die Sondereffekte aufgrund der zusätzlichen Wertberichtigungen auf das Vorratsvermögen und die ausserplanmässigen Abschreibungen auf das Sachanlagevermögen und immaterielle Vermögens­werte). Die flüssigen Mittel von Meyer Burger (mit und ohne Verfügungsbeschränkungen) betrugen per 31. Dezember 2023 CHF 181.0 Millionen und per 29. Februar 2024 CHF 113.3 Millionen.

Fokus auf US-Produktion

Meyer Burger hat bereits im Sommer 2023 strategische Schritte unternommen, proaktiv auf die negativen und von politischen Entscheidungen abhängigen Marktkonstellationen in Europa reagiert sowie angekündigt, den Geschäftsschwerpunkt in die USA zu verlegen. Mit dieser Strategieanpassung wurde beschlossen, neben der bereits 2021 angekündigten Modulproduktion in den USA im Werk in Goodyear, Arizona auch eine eigene Solarzellenfabrik in Colorado Springs, Colorado aufzubauen. Denn der US-amerikanische Solarmarkt ist hochattraktiv. Die dortigen Marktbedingungen lassen die Solarindustrie florieren; sie profitiert von einer stabilen Kostenbasis, festen Abnahmeverträgen und einem hervorragenden Preisniveau. Staatliche Förderprogramme wie der Inflation Reduction Act (IRA) tragen zusätzlich zum bestehenden Marktpotenzial bei.

Mit dem sich weiter verschlechternden Geschäftsklima in Europa beschloss Meyer Burger im Februar 2024, sich auf die Produktion sowie profitables Wachstum in den USA zu konzentrieren und mit den Vorbereitungen für die Schliessung ihres Standorts in Freiberg in Deutschland zu beginnen, die per Ende April in Kraft treten soll. Zwischenzeitlich hat die Gruppe die Modul­produktion an diesem Standort in der ersten Märzhälfte eingestellt, was ab April zu erheblichen Kosteneinsparungen führen soll. Die Solarzellproduktion in Thalheim (Bitterfeld-Wolfen), Deutschland, wird vorerst fortgesetzt, um den Hochlauf der Modulproduktion in den USA zu unterstützen. Der Maschinenbau und die F&E-Standorte in der Schweiz und in Deutschland sind von diesen Massnahmen nicht betroffen und werden mit ihren technologischen Entwicklungen weiterhin zum Geschäft ausserhalb Europas beitragen.

Mehrstufige Finanzierung

Um die vielversprechenden Aktivitäten in den USA zu finanzieren und zu sichern – namentlich die Fertigstellung der Solarzellenproduktion in Colorado Springs, Colorado und der Solarmodul­produktion in Goodyear, Arizona mit einer jährlichen Produktionskapazität von je 2 Gigawatt – verfolgt Meyer Burger eine mehrschichtige Finanzierungsstrategie. Es wird erwartet, dass mit deren Umsetzung die aktuelle Finanzierungslücke von rund CHF 450 Millionen geschlossen werden kann, die insbesondere durch die Unterauslastung der Produktionskapazitäten in Deutschland, den Aufbau von Lagerbeständen in Verbindung mit dem starken Preisverfall für Solarmodule am Markt im Zusammenhang mit den (chinesischen) Überkapazitäten sowie durch die bereits angekündigten Kosten für den weiteren Ausbau in den USA entstanden ist.

Einerseits schlägt der Verwaltungsrat von Meyer Burger eine Kapitalerhöhung in Höhe von CHF 200 bis 250 Millionen vor, über welche die Aktionärinnen und Aktionäre anlässlich einer ausser­ordentlichen Generalversammlung vom 18. März abstimmen werden. Mit dieser Kapital­erhöhung können unsere Aktionärinnen und Aktionäre in das attraktive US-Geschäft investieren, wo Meyer Burger ein einzigartiges Angebot hat, das durch langfristige Abnahme­ver­pflich­tungen und das Potenzial für starkes Wachstum gestützt wird.

Parallel dazu und nach einer detaillierten Due-Diligence-Prüfung hat die deutsche Bundes­regierung eine Exportkreditgarantie für die Finanzierung durch eine Geschäftsbank mit einem Umfang von bis zu USD 95 Millionen genehmigt. Es wird erwartet, dass die Finanzierung nach Abschluss der Kreditdokumentation und der Erfüllung bestimmter Bedingungen im zweiten Quartal 2024 erfolgt. Darüber hinaus strebt Meyer Burger eine weitere Finanzierung basierend auf dem Advanced Manufacturing Production Tax Credit (sog. 45X) in Höhe von bis zu USD 300 Millionen mit einer Laufzeit von 5 bis 6 Jahren an, die von einer führenden globalen Invest­ment­bank ab dem Ende des zweiten Quartals 2024 bereitgestellt werden soll, vorbehaltlich der Due-Diligence-Prüfung und des Abschlusses der erforderlichen verbindlichen Vereinbarungen. Angesichts geschätzter USD 1.4 Milliarden an zukünftigen US-Steuergutschriften unter dem Inflation Reduction Act geht Meyer Burger davon aus, dass die 45X-Finanzierung in der geplanten Grössenordnung realisierbar ist. Schliesslich bemühen wir uns um ein vom US-Energieministerium (DOE) garantiertes Darlehen in Höhe von USD 200 bis 250 Millionen von der Federal Financing Bank im Rahmen des Title 17 Clean Energy Financing Loan Program. Nach erfolgreichem Abschluss von Teil I des DOE-Verfahrens wurde die Gruppe im Februar 2024 förmlich aufgefordert, Teil II eines Antrags auf ein solches Darlehen einzureichen. Die Auf­for­de­rung des DOE, einen Teil-II-Antrag einzureichen, ist keine Garantie dafür, dass das DOE den Antragsteller zur Due-Diligence-Prüfung und zu Term-Sheet-Verhandlungen einladen wird, dass das DOE dem Antragsteller ein Term-Sheet anbieten wird oder dass die Bedingungen eines Term-Sheets mit den vom Antragsteller vorgeschlagenen Bedingungen übereinstimmen werden. Die vorgenannten Punkte hängen vollständig von den Ergebnissen der Prüfung und Bewertung eines Teil-II-Antrags durch das DOE und der Entscheidung des DOE über das weitere Vorgehen ab.

Nicht alle dieser verschiedenen Massnahmen müssten bei entsprechenden Zusagen voll ausgeschöpft werden, um die bestehende Finanzierungslücke zu schliessen. Die verschiedenen Optionen können Meyer Burger aber ein Sicherheitsnetz bieten, um die angestrebte Liquidität zu erreichen. Die Kapitalerhöhung ist ein wesentlicher Baustein zur Sicherstellung zusätzlicher Liquidität, um die zukünftige Geschäftstätigkeit von Meyer Burger zu finanzieren.

EBITDA-Potenzial von CHF 250 Millionen pro Jahr

Die langfristigen Aussichten für Meyer Burger als einzigen westlichen Anbieter für die hocheffi­ziente Heterojunction-Technologie sind unverändert attraktiv. Das Potenzial allein in den USA ist mit bestehenden Abnahmeverträgen beträchtlich. Unter der Annahme, dass die Zell- und Modul­produktion an den Standorten in den USA wie geplant in Betrieb genommen werden kann, geht die Gruppe davon aus, dass sie mittelfristig einen EBITDA von rund CHF 250 Millionen pro Jahr aus ihrem Geschäft in den USA generieren können wird.

Denn technologisch ist Meyer Burgers Heterojunction SmartWire-Technologie weiterhin äusserst leistungsstark, unsere Produkte zeichnen sich durch ein hohes Mass an Energieertrag, Langlebig­keit und Zuverlässigkeit aus und unsere vielversprechende Technologie-Roadmap ist intakt. Deshalb sind wir überzeugt, dass Meyer Burger – unter fairen Marktbedingungen – konkur­renz­fähig ist und mit den Standorten in den USA nachhaltig in die Gewinnzone kommen wird. Das unterstreicht die Attraktivität des Unternehmens.

Ausblick

Meyer Burger geht davon aus, dass die Erlöse aus den potenziellen Finanzierungsquellen es ihr zusammen mit den Erlösen aus der Bezugsrechtsemission ermöglichen werden, die Modulferti­gung in Goodyear, Arizona bis Ende des zweiten Quartal 2024 und die Zellfertigung in Colorado Springs, Colorado um das Jahresende 2024 in Betrieb zu nehmen. Damit würde die Grundlage geschaffen, um kommerziell auf den Erfolgspfad zurückzukehren und Aktionärswerte zu schaffen.

Parallel dazu verfolgt Meyer Burger weiterhin potenzielle strategische Partnerschaften mit Unternehmen, die Kapital zur Verfügung stellen, die Industrialisierung unterstützen und den Umsatz durch Kundenzugang, mögliche Erschliessung neuer geografischer Gebiete und/oder Technologielizenzen steigern könnten. Diese potenziellen Partnerschafts-Geschäftsmodelle könnten zu einem höheren langfristigen Wachstum beitragen und die Kapitalintensität reduzieren.

Dank

Wir danken allen Mitarbeitenden für ihr Engagement und ihren unermüdlichen Einsatz für Meyer Burger im vergangenen Geschäftsjahr. Und wir möchten auch Ihnen, unseren geschätzten Aktionärinnen und Aktionären, für Ihre anhaltende Unterstützung danken.

Franz Richter

Franz Richter
Verwaltungsratspräsident

Gunter Erfurt

Gunter Erfurt
Chief Executive Officer